Reprint des Monats

Februar 2011
Ein Leben vor den Spiegeln
Isabella Rossellini: Eine ungewöhnliche Karriere zwischen Schaum- und Blutbad (1992)

Isabella Rossellini steckte in einer Art Wallerhänger, und ihre dunkelblond gefärbten Haare waren voller kleiner Metalldinger, die wie Papierklammern aussahen. Ihr Englisch hatte einen absurden italienischen Akzent. Sie trug flache Schuhe der Größe vierzig, war gerade ebenso viele Jahre alt geworden und, wenn Kopf- und Körpergeld ein Maßstab sind, immer noch die Beste unter den Schönen.

Eins machte mich allerdings sofort nervös: Sie war nicht ein-, sondern zweimal da.

Wir standen unter einem großen Baum und genossen den Schatten. Es war ein heißer Sommertag im Jahre drei nach der Wende. Der Baum wiederum stand auf dem weiten verdorrten Rasenplatz der DEFA-Filmstudios. Südliche Lethargie plus östliche Verschlissenheit, das verströmte soviel Charme wie eine Pizzeria im Innenhof staatlicher Verwahranstalten.

An langen Tischen tafelten Beleuchter, Kostümbildnerinnen, Kulissenschieber und Make-up-Malerinnen. Die hohen viereckigen Säulen, die den Wandelgang der “neuen”, von den Nazis gebauten Halle säumten, erinnerten an Benito Mussolinis Cinecittà. Vor ihnen parkte ein Laster. Und auf seiner Laderampe verbrachte Isabellas Double ihre Mittagspause: fast die gleiche vierundachtzig-einundsechzig-neunundachtziger Figur, dasselbe Fünfziger-Jahre-billig-Haarstyling ...

Erstveröffentlichung unter dem Titel "Hoch zu Rossellini" in: TEMPO, Dezember 1992,
S. 20-30.

Überarbeitete Fassung nachgedruckt unter dem Titel "Ein Leben vor den Spiegeln" in: Spion unter Sternen. Lauschangriffe auf Hauptdarsteller. Ch. Links Verlag: Berlin 1994, S. 118-139.


Die pdf-Datei „Ein Leben vor den Spiegeln“ kann
–>hier herunter geladen oder auch gleich online als scribd-iPaper gelesen werden.
Ein Leben vor den Spiegeln. Porträt Isabella Rossellini


Zum aktuellen Reprint des Monats –>hier

Zum –> Archiv 2012
Zum –>
Archiv 2011
Zum –> Archiv 2010
Zum –> Archiv 2009
Zum –>
Archiv 2008